Auf 1. Januar 2024 ist der erste Teil der Neuerungen von AHV 21 in Kraft getreten. So wird das Referenzalter für den Rentenbezug von Frauen und Männern nach und nach auf 65 Jahre vereinheitlicht und der mögliche Zeitpunkt, um die Rente zu beziehen, ist deutlich flexibler geworden.
Zudem besteht neu die Möglichkeit, die Altersrente einmalig neu berechnen zu lassen und dabei die Beitragszeiten nach dem Referenzalter anrechnen zu lassen. Ab Anfang 2025 beginnen die Ausgleichsmassnahmen für Frauen der Übergangsgeneration mit den Jahrgängen 1961 bis 1969. Diese Frauen erhalten wegen dem erhöhten Referenzalter einen lebenslangen Zuschlag (gilt nicht bei Vorbezug). Zudem profitieren sie von einem tieferen Kürzungssatz bei einem Rentenvorbezug.
Im ersten Jahr von AHV 21 nahmen die Rentenvorausberechnungen um rund 20 Prozent zu. Spürbar angestiegen ist auch der Beratungsaufwand. Dies hat mit den weitergehenden Möglichkeiten rund um die Pensionierung zu tun. Frauen und Männer können die Altersrente flexibel zwischen 63 und 70 Jahren beziehen. Sowohl der Vorbezug als auch der Aufschub der Rente ist monatlich möglich. Neu ist auch, dass lediglich ein Teil der Rente vorbezogen oder aufgeschoben werden kann. Die Kombination von Vorbezug und Aufschub ist ebenfalls möglich.
In den persönlichen Beratungen haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SVA St.Gallen ganz unterschiedliche Voraussetzungen angetroffen. So führten sie Beratungsgespräche mit Kundinnen und Kunden, die sich bereits sehr gut informiert hatten. Auf der anderen Seite zeigte sich, dass wegen der unterschiedlichen Möglichkeiten manche überfordert waren. In solchen Beratungen ging es dann darum, genau zuzuhören und herauszufinden, welches Anliegen eine Kundin oder ein Kunde hat.
Die Nutzung der neuen Möglichkeiten stellt sich ganz unterschiedlich dar: Häufig ist es der monatliche Vorbezug oder Aufschub der Rente. Auch von Neuberechnungen nach dem Referenzalter wird rege Gebrauch gemacht. Sehr selten genutzt wird bisher die Möglichkeit, einen Teil der Rente aufzuschieben und einen anderen Teil vorzubeziehen.
Per Januar 2025 tritt das Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses in Kraft. Ziel des neuen Gesetzes ist es, solche missbräuchlichen Konkurse zu verhindern. Es umfasst Anpassungen im Obligationenrecht (OR), im Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG), im Strafgesetzbuch (StGB) und im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG).
Eine der Massnahmen aus den Gesetzesanpassungen betrifft öffentlich-rechtliche Institutionen, zu denen auch Ausgleichskassen zählen. Bisher unterlagen Beitragsforderungen öffentlich-rechtlicher Institutionen der Betreibung auf Pfändung. Dies im Gegensatz zu Forderungen von Lieferfirmen, welche bei Zahlungsausständen den Schuldner oder die Schuldnerin auf Konkurs betreiben konnten.
Bei einer Betreibung auf Konkurs wird ein Unternehmen faktisch handlungsunfähig und muss die Geschäftstätigkeit einstellen. Bei einer Betreibung auf Pfändung konnte sie weiter geschäftstätig sein. Diese unterschiedlichen Möglichkeiten Forderungen einzutreiben, wurden von einigen Unternehmen ausgenutzt, indem sie zwar Lieferantenrechnungen bezahlten, AHV-Beiträge oder Steuerforderungen hingegen nicht.
Neu müssen von Unternehmen und im Handelsregister eingetragenen Einzelfirmen geschuldete Beiträge auf Konkurs betrieben werden. Bei der Betreibung auf Konkurs sind die geschuldeten Beiträge in einer viel kürzeren Frist zu begleichen. Zudem werden alle offenen Beträge direkt fällig. Eine gestaffelte Abzahlung, wie dies bei Pfändungen angewandt werden konnte, ist nicht mehr möglich. Kommen Schuldner und Schuldnerinnen ihren finanziellen Verpflichtungen auch nach Aufforderung des Gerichts nicht nach, wird über das Unternehmen der Konkurs verhängt und das Unternehmen damit geschlossen. Wie sich diese neue gesetzliche Grundlage in der Praxis auswirken wird, ist noch nicht genau abzuschätzen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass deutlich mehr Betreibungen auf Konkurs durch die Ausgleichskasse erfolgen werden.
Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV und IV helfen, wenn die Einnahmen die minimalen Lebenskosten nicht decken. Auf die individuell berechneten Ergänzungsleistungen besteht im Bedarfsfall ein rechtlicher Anspruch. Doch bevor jemand EL beziehen kann, muss eine Anmeldung ausgefüllt werden. Diese Anmeldung spiegelt die Individualität und dadurch auch die Komplexität der Berechnung von EL wider.
Um den Anmeldeprozess zu vereinfachen, startete im Sommer 2023 die Entwicklung eines intelligenten Online-Formulars. Bis das Formular dann im Juni 2024 aufgeschaltet werden konnte, waren intensive, interdisziplinäre Arbeiten notwendig. Ziel war, die bestehende Komplexität der Anmeldung zu reduzieren und dadurch auch die Nutzung des Formulars für Kundinnen und Kunden zu vereinfachen.
Jede bisherige Frage wurde auf Ihre Notwendigkeit und auf Optimierungsmöglichkeiten geprüft. Danach wurden die Fragen sinnvoll gruppiert, um gezielter gestellt werden zu können. Hilfreiche Infobuttons erklären komplexe Fragen und erleichtern so deren Beantwortung. Durch das Ausblenden von unnötigen Fragen, die nicht beantwortet werden müssen, wurde eine markante Vereinfachung erzielt. So muss eine alleinstehende Person keine Fragen zu Ehepartner oder Ehepartnerin beantworten oder wenn die Wohnsituation «Miete» ausgewählt wird, erscheinen keine Fragen zu Wohneigentum oder Heim.
Die Rückmeldungen von Kundinnen und Kunden oder deren Vertretungen zum neuen Formular sind sehr gut. So überrascht es nicht, dass bereits nach kurzer Zeit gegen 50 Prozent aller Anmeldungen mit dem Online-Formular eingereicht werden. Die Erwartung ist, dass sich dieser Wert schrittweise noch erhöhen wird.
Jemand bezahlt die Prämien oder Kostenbeteiligungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht. Was dann passiert, ist in Artikel 64a des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) geregelt. Mit neuen Schnittstellen wurde der Austausch zwischen Krankenversicherungen, der SVA St.Gallen und den Gemeinden vereinfacht.
Wenn fällige Prämien oder Kostenbeteiligungen nicht bezahlt werden, mahnt die Krankenversicherung die säumige Zahlerin, den säumigen Zahler schriftlich.
Der nächste Schritt ist eine Zahlungsaufforderung. Bezahlt die versicherte Person die Ausstände erneut nicht innerhalb der gesetzten Frist, muss die Krankenversicherung die Betreibung einleiten. Die Krankenversicherungen können fällige Forderungen gegenüber Personen, für welche im Kanton St.Gallen ein Verlustschein ausgestellt wurde, einmal pro Jahr bei der SVA St.Gallen zu 85 Prozent geltend machen.
Über das bisherige Informatiksystem haben die Gemeinden bereits die Angaben zu den Betreibungsmeldungen erhalten, welche der SVA St.Gallen von den Krankenversicherungen zugestellt wurden. Diese sind erforderlich, falls die Gemeinde das freiwillige Fallmanagement nach Artikel 64a KVG durchführen will. Das Ziel des Fallmanagements ist eine auf den einzelnen Fall zugeschnittene, präventive Hilfeleistung durch das Sozialamt. Seit Ende August 2024 arbeitet die SVA St.Gallen mit einer neuen Plattform, die den Austausch zwischen Krankenversicherungen, der SVA St.Gallen und den Gemeinden spürbar vereinfacht.
Bereits seit mehreren Jahren gibt es ein vereinfachtes Abrechnungsverfahren (VaV), das hauptsächlich für kurzfristige oder im Umfang geringe Arbeitsverhältnisse (z. B. in Privathaushalten) gedacht ist. Es erleichtert Arbeitgebenden die Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge und gleichzeitig der Quellensteuer. Dieses Verfahren erhält auf das Jahr 2025 eine Ergänzung und läuft unter der Bezeichnung VaVplus.
Arbeitgebende in Privathaushalten erhalten ab 1. Januar 2025 neu die Möglichkeit, die Prämien der obligatorischen Unfallversicherung (UVG) gemeinsam mit den übrigen Sozialversicherungsbeiträgen und den Steuern direkt über die AHV-Ausgleichskasse abzurechnen. Damit kann den Kundinnen und Kunden, die dieses Verfahren nutzen, eine erweiterte Dienstleistung angeboten werden.
Als Unfallversicherung wurde die Solida AG in einer schweizweit koordinierten Evaluation für alle Ausgleichskassen bestimmt. Die SVA St.Gallen hat die Umsetzung dieser gesetzlichen Neuerung vorbereitet und mit der Solida AG eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Gestützt darauf wird die Ausgleichskasse der SVA St.Gallen als Bevollmächtigte bei den im vereinfachten Verfahren abrechnenden Arbeitgebenden die UVG-Prämien geltend machen und ebenfalls das Inkasso der UVG-Prämien übernehmen. Für die Ausrichtung von UVG-Leistungen ist die Unfallversicherung zuständig.