Seit vielen Jahren nimmt die IV-Stelle mit ihren Dialoganlässen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber brennende Themen rund um die Entwicklung der IV, der Gesundheit und auch der Prävention auf. So auch dieses Jahr, als sie die «mentale Gesundheit» thematisierte und angesichts der rund 700 Gäste an den beiden Veranstaltungen in Flums und Gossau offensichtlich den Puls richtig vorgefühlt hatte und das Thema viele bewegt.
Alle Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Die Produktivitätsverluste wegen Stress summieren sich. Zeitdruck, Unklarheit bezüglich der Arbeitsaufgaben, arbeitsorganisatorische Probleme, qualitative Überforderung und soziale Belastungen durch Vorgesetzte und Mitarbeitende sind viele dieser Stressfaktoren. Die Anzahl der psychischen Erkrankungen nimmt dramatisch zu – dabei werden die Arbeitsausfälle immer länger oder eine Rückkehr an den Arbeitsplatz ist gar nicht mehr möglich.
Die Anmeldezahlen bei der IV-Stelle infolge psychischer Erkrankungen zeigen steil nach oben, was sich einerseits in der beruflichen Eingliederung aber auch bei den Rentenzusprachen niederschlägt. Von 2017 bis 2023 hat sich im Kanton St.Gallen die Zahl der neuen Bezügerinnen und Bezüger von IV-Renten wegen psychischer Probleme nahezu verdoppelt. Besonders zu denken gibt, dass immer mehr junge Menschen eine mittlere bis hohe psychische Belastung aufweisen und der Anteil Rentenzusprachen bei den 18- bis 24-jährigen Personen bei ca. 70 Prozent wegen psychischer Erkrankungen erfolgt. Zahlen aus der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2022 des Bundesamts für Statistik sprechen eine deutliche Sprache. Von den befragten Frauen im Alter von 15 bis 24 Jahren gaben 29 Prozent eine solche Belastung an. Fünf Jahre früher – im Jahr 2017 – lag dieser Wert noch 10 Prozent tiefer. Bei den Männern der gleichen Altersgruppe stieg der Anteil psychisch Belasteter von 9,6 auf 16,4 Prozent. Mit zunehmendem Alter wird der Anstieg zwar geringer, der Anteil psychisch belasteter Menschen bewegt sich aber in allen Altersklassen deutlich über 20 Prozent.
Durch Krisen und ständige Veränderungen seien mentale Gesundheit und Resilienz mehr denn je gefragt, stellte die Gastreferentin Eva Elisa Schneider fest. Die Expertin für mentale Gesundheit am Arbeitsplatz forderte, dass moderne Unternehmen das Thema Gesundheit zunehmend in den Mittelpunkt rücken sollen, denn Leistung und Gesundheit gehen Hand in Hand. Wenn jemand nicht mehr abschalten kann, gereizt und schlecht gelaunt ist, Angstgefühle hat und keinen Schlaf mehr findet, führt dies zu gesundheitlichen Problemen. In Zeiten des stärkeren Wettbewerbs und des teilweise hohen Fachkräftemangels haben Ausfälle von eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter grosse Auswirkungen auf den Betrieb. Dass sich die Investition in die Gesundheit des eigenen Personals lohnt, zeigte Eva Elisa Schneider eindrücklich auch anhand vieler durchgeführter Studien.
Potenzial in eingespielten Abläufen zu erkennen, verlangt meist nach einer Aussensicht. Dass diese wertvoll sein kann, zeigte das Projekt Pro-Opt 2.0, welches in der Abteilung Berufliche Integration und beim Team Services IV durchgeführt wurde. Quick Wins, Verbesserungen bei Schnittstellen und insgesamt schlankere Abläufe waren das Resultat.
Der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) ist dank den ISO-Normen innerhalb der SVA St.Gallen seit vielen Jahren etabliert und ein Begriff. Trotz dieses etablierten Prozesses hat es sich gezeigt, dass infolge vieler Neuerungen und grösserer gesetzlicher Anpassungen eine Gesamtüberprüfung der Abläufe angezeigt und sinnvoll ist. Mit der IV-Weiterentwicklung, verschiedenen organisatorischen Anpassungen sowie neuen technischen Möglichkeiten aus der Digitalisierung waren die Auslöser vorhanden, sich intensiv mit den Abläufen zu befassen. In Workshops wurden verschiedene Potenziale erarbeitet, geprüft, bewertet und umgesetzt. Dabei war ein wichtiger Grundsatz, dass bei allen Verbesserungen nebst den gegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen der Fokus der Kundinnen und Kunden berücksichtigt wird.
Ein gutes Beispiel aus diesem Projekt ist die Unfallmeldung während einer laufenden Eingliederungsmassnahme der Invalidenversicherung. Was früher mit einem Papierformular über mehrere Stellen ging, kann heute wesentlich einfacher und schneller über ein Online-Formular gemacht werden. Die während einer beruflichen Massnahme von einem Unfall betroffene Person füllt dieses neue Online-Formular aus. Nach einer Prüfung durch die IV-Stelle kann es ohne Medienbruch an die Suva weitergeleitet werden.
Mittlerweile ist Pro-Opt 2.0 in der IV-Stelle St.Gallen weitgehend abgeschlossen. Eigene Erkenntnisse führten zu Inputs bis auf Bundesebene an das Bundesamt für Sozialversicherungen. Dort wird zurzeit geprüft, ob die Vorschläge auch in die Anmeldeformulare des Bundes aufgenommen werden können.
«Der Zugang zu verständlichen Informationen für alle ist wichtig». Diese Aussage von Regierungsrat Bruno Damann bringt auf den Punkt, was die SVA St.Gallen zusammen mit dem Heilpädagogischen Verein (HPV) Rorschach diesen Sommer präsentierte: Gemeinsam ist eine Anleitung in Leichter Sprache zum Ausfüllen des Revisionsformulars für IV-Renten geschaffen worden. Damit wurde ein wichtiger Beitrag im Rahmen der gesamtschweizerischen Aktionstage Behindertenrechte geleistet.
Die Anleitung in Leichter Sprache ist von Anfang bis Ende eine gelungene Koproduktion. Vertreterinnen und Vertreter des HPV und der SVA St.Gallen definierten zusammen die Möglichkeiten. Danach prüfte die Gruppe der HPV-Selbstvertretung das Revisionsformular auf seine Verständlichkeit. Ausgestattet mit diesen wertvollen Hinweisen erarbeitete die SVA St.Gallen in enger Zusammenarbeit mit Andrea Sterchi eine Anleitung. Andrea Sterchi ist eine ausgewiesene Spezialistin für die Übersetzung von Texten in leichte Sprache.
Für Menschen aus anderen Ländern oder Menschen mit einer Behinderung könne Deutsch zur Fremdsprache werden, sagte Ignaz Vinzens, Direktor der SVA St.Gallen an der Präsentation der neuen Anleitung in Rorschach. Dies gelte ganz besonders dann, wenn es um offizielle Dokumente gehe, die für viele schwer verständlich seien. Mit den Aktionstagen Behindertenrechte 2024 haben Fachleute mit ganz unterschiedlichen Kompetenzen etwas Gemeinsames geschaffen. Mit der Anleitung ist ein gutes Beispiel entstanden das zeigt, wie Barrieren sinnvoll abgebaut werden können. Die Erfolge sind vielleicht nicht direkt messbar. Die SVA St.Gallen ist aber überzeugt, dass in den Köpfen etwas in Bewegung gekommen ist.
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Ärztinnen und Ärzte sowie Sozialversicherungen vernetzen sich im Interesse der beruflichen Integration – so lässt sich der Hintergrund des Netzwerks reWork auf einen kurzen Nenner bringen. Eine wichtige Stossrichtung ist die einfachere und direkte Kommunikation zwischen Arbeitgebenden und der Ärzteschaft.
Netzwerkmitglieder sind namhafte Wirtschaftsverbände, Versicherungen, Verbände des Gesundheitswesens das kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit und weitere. Sie alle engagieren sich für die Weiterentwicklung des Netzwerks und gestalten aktiv Themen mit. Dazu kommen Unternehmen, die sich als Supporter des Netzwerks engagieren. Das Interesse am Engagement von reWork zeigt sich auch in der kontinuierlich steigenden Zahl von unterstützenden Unternehmen.
Das Netzwerk strebt ein gemeinsames Verständnis und Vorgehen bei Fragen rund um das Thema der beruflichen Reintegration an. Dafür ist beispielsweise essenziell, dass alle Beteiligten im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfähigkeitszeugnis die gleiche Sprache sprechen. reWork engagiert sich stark für diesen Austausch und die gegenseitige Zusammenarbeit. Arbeitgebende, Ärztinnen und Ärzte sowie Sozialversicherungen sollen sich im Interesse von Arbeitnehmenden vernetzen, um für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die beste Lösung finden zu können.
Ein wichtiger Schritt war dabei die eigens entwickelte Vereinbarung zur Reintegration verbunden mit einer Einwilligungserklärung und der Entbindung von der Schweigepflicht. Diese Unterlagen wurden gemeinsam mit Dr. Thomas Geiser, Professor für Privat- und Handelsrecht an der Universität St.Gallen, und lic. iur. Ursula Uttinger, Dozentin für betriebliches Datenschutzmanagement an der Universität Luzern, entwickelt.
Rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verzeichnete das diesjährige Dialogforum, die Tagung für Ärztinnen und Ärzte der medizinischen Gutachterstellen. Mit dieser Teilnahmezahl hält der Trend steigender Beteiligung am Dialogforum weiter an. Das diesjährige Hauptthema war «Pitfalls – Stolpersteine in der medizinischen Begutachtung». Dank des spannenden Themas fanden zahlreiche Gutachterinnen und Gutachter aus der Ostschweiz und dem Raum Zürich den Weg nach St.Gallen.
Das Dialogforum hat sich zu einem etablierten Anlass entwickelt, um gemeinsam und in einem konstruktiven Dialog die verschiedenen Herausforderungen rund um das Gutachterwesen in der IV anzugehen. So können alle Teilnehmenden vom gegenseitigen Knowhow bei versicherungsmedizinischen und administrativ-rechtlichen Themen profitieren. Damit steigt nicht nur das gegenseitige Verständnis, sondern insgesamt kann die Qualität verbessert werden, was für die versicherten Personen von grosser Bedeutung ist. Die Programmgestaltung mit viel Interaktion hat sich als sehr förderlich erwiesen. Geplant ist, dass der RAD Ostschweiz (Kantone AI, AR, GR, SG, TG) ab 2025 den in Fachkreisen geschätzten Anlass gemeinsam mit dem RAD Nordostschweiz (Kantone GL, SH, ZH) durchführt.
Was tun, wenn ein junger Mensch mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen Probleme hat, eine Lehrstelle zu finden? Wie weiter, wenn jemand mitten im Berufsleben aus gesundheitlichen Gründen seine aktuelle Tätigkeit aufgeben muss? Das sind Fragen, die sich nicht wenige Menschen stellen müssen. Noch zu wenig bekannt ist, dass in genau solchen Fällen die Berufsberatung der IV-Stelle unterstützen kann.
Am Beispiel von….
Nehmen wir zuerst Jugendliche vor dem Übergang ins Berufsleben. Deren Erstausbildung kann die IV-Berufsberatung massgeschneidert unterstützen. Welche Möglichkeiten bestehen und welche Wege sich eröffnen können, wird in einem neu entwickelten und im Frühling veröffentlichten Erklärvideo barrierefrei dargestellt. Die in diesem Video gezeigte Unterstützung basiert auf der Weiterentwicklung der IV. Jugendliche mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen werden beim Wechsel von der obligatorischen Schule ins Berufsleben individuell und gezielt begleitet.
In einem zweiten Erklärvideo geht es um die Umschulung von Berufstätigen. An den Beispielen des Bauarbeiters Matteo und der in der Pflege tätigen Kathrin wird dargestellt, wie mit passenden Umschulungsmassnahmen neue berufliche Perspektiven aufgebaut werden können.
Noch mehr Erklärvideos zu Leistungen der Invalidenversicherung sind auf unserer Website zu finden.