IV-Stelle

Brücken bauen in der Beratung

Die früh­zeitige Beratung wird in der beruf­lichen Integration im­mer wich­tiger. Auf­bauend auf den guten Er­­fahrungen, ist im Jahr 2023 ein neues Beratung­­s­angebot am Schmerz­zentrum des Kantons­spitals St.Gallen definitiv ein­geführt worden.

Schon länger wir­ken die Beraterinnen und Berater der IV-Stelle in den Berufs­bildungs­zentren und in den psychiat­rischen Zent­ren im ganzen Kanton. Dort kön­nen sie sich direkt in zwei we­sent­lichen Brenn­punkten – psychisch bedingte Arbeits­un­fähig­keit und Jugend­liche am Über­gang ins Berufs­leben – engagieren.

Beratungen im Schmerz­zentrum

Neu bieten Mit­arbeiterinnen und Mit­arbeiter der Ab­teilung «Beruf­liche Integration» ihre Bera­tungen auch im Schmerz­zentrum des Kantons­spitals St.Gallen an und bauen so Brücken von der Thera­pie in die beruf­liche Ein­gliederung. Dieses früh­zeitige An­gebot bietet den Pa­tientinnen und Pa­tienten beruf­liche Perspek­tiven, die be­wiesener­massen den Genesungs­prozess unter­stützen. Dabei wurde deut­lich, dass die Chancen wieder in den Arbeits­markt ein­steigen zu können, deutlich grösser sind, wenn jemand we­niger als 12 Monate arbeits­unfähig war. Bei län­geren Arbeits­unfähigkeiten wird eine beruf­liche Ein­gliederung zunehmend schwie­riger. Diese Er­kenntnis wird unter­strichen durch die Chronifizierungs­kurve nach einem Arbeits­ausfall. Bereits nach drei Mona­ten beginnt diese gemäss verschie­denen medizinischen Studien steil anzusteigen. Darum ist es so wichtig, früh­zeitig mit den Beratungs­angeboten präsent zu sein.

Interesse an St.Galler Modell

Das St.Galler Modell war auch Thema am Jahres­kongress der Swiss Pain Society im No­vember in Lau­sanne und stiess auf grosses Interesse. Diese Kom­bination von Be­ratung und multi­modaler Be­handlung von Menschen mit chronischen Schmer­zen ist in der Schweiz bisher einzig­artig. Aufgrund der ge­machten guten Er­fahrungen ist die Sprech­stunde ein fixer Bestand­teil in der Beratung am Schmerz­zentrum des Kantonsspitals St.Gallen.

IV-Ausweis bitte!

Wer eine IV-Rente oder eine Hilflosen­entschädi­gung bezieht, er­hält einen ent­sprechenden IV-Ausweis. Bis anhin wurde dieser Aus­weis Jahr für Jahr neu aus­gestellt. Ab dem 1. Januar 2024 konnte eine mass­gebliche Ver­einfachung bei den IV-Ausweisen ein­geführt werden.

Zuerst zum Grund­sätzlichen: Wer neu eine IV-Rente oder eine Hilflosen­entschädigung erhält, wird auch mit einem ent­sprechenden IV-Ausweis beliefert. Im Rah­men weiterer Automati­sierungen erfolgt das Aus­lösen dieses IV-Ausweises di­rekt mit den IT-Fachsystemen durch die IV-Stelle des Kan­tons St.Gallen. In der Ver­gangen­heit hatte dieser Aus­weis nur für ein Jahr Gültig­keit und musste ent­sprechend immer wieder neu er­stellt werden. Neu sind IV-Ausweise wäh­rend mehreren Jah­ren gültig, was für alle eine will­kommene und spür­bare Verein­fachung bringt.

Für die versicherten Per­sonen ist es zudem möglich, über ein Online-Formular auf der Web­seite der SVA St.Gallen einen neuen IV-Ausweis zu be­stellen, sollte der Ausweis verloren ge­gangen sein oder ein druck­frisches Exemplar gewünscht werden.

Gewisse Vergünsti­gungen

Wozu kann ein IV-Ausweis genutzt werden? Viele Transport­unterneh­men bieten für IV-Bezügerinnen und -Bezüger Ver­günstigungen an. Auch viele Museen, Theater, Hallen­bäder oder auch Berg­bahnen akzep­tieren den IV-Ausweis und ge­ben ihre Tickets mit Vergünsti­gungen ab. Die IV-Stelle hat bezüglich einer Rabatt­gewährung keinen Einfluss auf Unter­nehmungen; dies obliegt einzig und alleine den jeweiligen An­bieterinnen und An­bietern. Diese geben auch Aus­kunft dazu.

IV-Ausweis
IV-Ausweis
Zum Beispiel das Kultur­museum St.Gallen günstiger besuchen.

Leere statt Lehre – muss das sein?

Diese provo­kative Frage stellte die IV-Stelle in ihrer jährlichen Ein­ladung zu den Dialog­anlässen mit Arbeit­geberinnen und Arbeit­gebern. Interessante und ebenso gedanken­anregende Antworten liefer­ten Prof. Dr. Margrit Stamm und Prof. Dr. Stefan C. Wolter.

Unsere Wirtschaft steht in einem Spannungs­feld – auf der einen Seite ein grosser Fach­kräfte­mangel, auf der anderen Seite der Berufs­nachwuchs, welcher sich teilweise schwer­tut. Die Zahl der Lehr­abbrüche steigt, was ein deut­liches Zeichen dafür ist, dass der Über­gang von der Schule ins Berufs­leben zunehmend heraus­fordernd ist. Dazu kommt eine demo­graphische Entwicklung, die unter an­derem wegen eines an­stehenden «Pensionierung­sbooms» dazu führt, dass bis 2035 in der Ost­schweiz gegen 60'000 arbeits­tätige Per­sonen fehlen werden.

Arbeitsinhalt zählt

Leere statt Lehre
Leere statt Lehre
Margrit Stamm

Margrit Stamm, Gründerin und Leiterin des Forschungs­instituts Swiss Edu­cation, bedauert die grosse Rolle des Images eines Berufs bei der Berufs­wahl von jun­gen Men­schen. Prestige und soziale An­erkennung eines Berufs stün­den immer mehr im Vorder­grund beklagt sie, und ebenso seien unsere Gesell­schaft und die Wirt­schaft vom Drang zu einer stär­keren Aka­demisierung geprägt. Die Zufrieden­heit mit dem Inhalt eines Berufes sei je­doch der stärkste Faktor für den Ver­bleib in einem er­lernten Beruf, wie sie weiter sagt. Dabei spiele der Lohn zwar eine Rolle, jedoch seien Arbeits­inhalt, die Arbeits­bedingun­gen insgesamt sowie berufs­begleitende Aus- und Weiter­bildungs­angebote mindestens ebenso wichtig.

Effektives Bildungs­angebot

Leere statt Lehre
Leere statt Lehre
Stefan C. Wolter

Ziel von Bund und Kantonen ist es, dass mindestens 95 Prozent der Ein­wohnerinnen und Ein­wohner im Alter von 25 Jahren über einen nach­obligato­rischen Schul­abschluss verfügen, wie Stefan C. Wolter, Direktor Schweize­rische Koordinations­stelle für Bildungs­forschung SKBF/CSRE und Professor an der Uni­versität Bern, in seinem Referat aus­führte. Dazu zählen die gym­nasiale Maturität, der Ab­schluss einer Fach­mittel­schule und die Berufs­lehre mit oder ohne Berufs­maturität.

Die duale Berufs­bildung bezeichnet er als ein sehr effek­tives Bildungs­angebot, um dieses 95-Prozent-Ziel zu er­reichen. Kantone mit einem sehr hohen An­teil an Ein­tritten in die Berufs­lehre weisen eine deutlich höhere Erfolgs­quote auf Sekundar­stufe II (nach­obligatorischer Schulabschluss) auf als Kantone mit hohen An­teilen an allgemein­bildenden Bildungs­typen (Gymnasien und Fachmittel­schulen). An Orten mit einer hohen Nachf­rage nach Lehr­stellen und einem ent­sprechenden An­gebot in den Betrie­ben sei auch der Anteil jener jun­gen Menschen tief, die gar keine nach­obligatorische Aus­bildung machten.

Wolter machte deutlich, wie sehr bereits diese wie auch die kom­menden Genera­tionen mit neuen Tech­nologien konfrontiert sein werden. Deren Ent­wicklung verlaufe beängsti­gend schnell und werde weit­reichende Auswirkungen auf die Berufs­bildung und Berufs­welt haben, sagte er. «Die Heraus­forderung besteht darin, dass der Mensch Kom­petenzen erwerben muss, wie er die Ma­schine mit allenfalls höheren Anwendungs­möglichkeiten richtig bedienen kann, um deren Poten­zial übe­rhaupt ausschöpfen zu können».

Zugang erleichtern

Der Einstieg ins Berufs­leben ist ein Aspekt, der auch für die IV-Stelle an Ge­wicht gewinnt. In den letzten Jah­ren wurden die Anstrengungen spür­bar verstärkt, junge Men­schen mit Ein­schränkungen rechtzeitig zu beraten und sie im Berufs­wahl­prozess und auf dem spä­teren Ausbildungs­weg zu unterstützen. Ziel ist es, ihnen nach der obliga­torischen Schule den Start in eine beruf­liche Lauf­bahn zu ermöglichen.

Koordiniert gegen Versicherung­smiss­brauch vorgehen

Nicht zielkonforme Leistungen zu ver­hindern, ist die Auf­gabe der Fachleute, die sich gegen Versicherungs­missbrauch ein­setzen. In diesem sensib­len und komplexen Arbeits­feld unter­stützt die IV-Stelle St.Gallen seit Januar 2023 das Sozial­versicherungs­zentrum Thur­gau (SVZ TG).

 

Um ungerechtfertigte Leistungszusprachen zu ver­hindern, werden bei der IV-Stelle St.Gallen Fälle mit er­höhtem Miss­brauchs­risiko vertieft ge­prüft. Ein inter­professionell zusammen­gesetztes Team (BVM-Team) ver­fügt über Kompe­tenzen in den Bereichen Sozialversicherungs­recht, Ver­fahren und Medizin sowie Erfahrung in vertiefter Ermittlungs­arbeit. Seit Be­stehen dieses Teams (5. IV-Revision 2008) wurden mehr als 4000 Verdachts­fälle einer ver­tieften Über­prüfung zugeführt. In gegen 100 Fällen wurde ein Tat­verdacht auf straf­bare Handlungen (Sozialversicherungs­betrug) erkannt und Straf­anzeige zuhanden der Straf­verfolgungs­behörden erstattet. Mit diesem Vor­gehen gelang es der IV-Stelle St.Gallen seit 2008, nicht ziel­konforme Leistungen im Um­fang von gegen 150 Millionen Franken zu ver­hindern.

Kooperation mit SVZ TG

Nach der deutlichen Zu­stimmung an der Urne zu einer gesetz­lichen Grundlage für die Über­wachung von Versicherten am 25. November 2018 wurde per 1. Ok­tober 2019 mit Art. 43 ATSG eine neue gesetz­liche Grund­lage zur Durch­führung von Observationen im Auftrag von Sozial­versiche­rungen in Kraft gesetzt. Zusammen mit der ent­sprechenden Ver­ordnung und den Weisungen dazu wurden die Missbrauchs­bekämpfung und die dafür zu­lässigen Mittel geregelt. Damit gewann die Missbrauchs­bekämpfung einerseits an Rechts­sicherheit. Andererseits ist das gesamte Ver­fahren komplexer und damit viel auf­wändiger geworden.

Aufgrund dieser neuen Komplexität beabsichtigte das SVZ TG, die Ab­klärungen rund um eine mögliche Missbrauchs­bekämpfung von einem pro­fessio­nellen Partner erbringen zu lassen. Dabei favorisierte das SVZ TG die Zusammen­arbeit mit dem BVM-Team der IV-Stelle St.Gallen, welches über ein über Jahre hin­weg aufgebautes Know-how und etablierte Pro­zesse verfügt. Um dies zu er­möglichen, wurden die Mach­barkeit geprüft und die Kooperation in einer Zusammen­arbeits­vereinbarung geregelt. Diese sieht vor, dass bei konkreten Anhalts­punkten und Verdachts­momenten auf Ver­sicherungs­missbrauch in IV-Fällen die ver­tieften Abklärungen künftig feder­führend durch die Abteilung BVM der IV-Stelle St.Gallen durch­geführt werden. In der Um­setzung wurden Verant­wortlich­keiten und Schnitt­stellen definiert und diese in konkreten Ab­läufen und Prozessen be­schrieben. Die dafür not­wendigen Ausbildungs­sequenzen konnten im ver­gangenen Jahr im SVZ TG ab­geschlossen werden. Es gilt nun, mit konkreten Fällen diese Zusammen­arbeit zu festigen.

Neu Pauschalabzug zur Be­rechnung des IV-Grades

Für die Berechnung des IV-Grades gibt es eine ganze Reihe von Voraus­setzungen. Eine davon ändert sich ab 2024: Bei der Be­rechnung auf der Basis von sta­tistischen Löhnen wird neu ein pauschaler Ab­zug ange­wendet. Damit er­höht sich der er­rechnete IV-Grad.

Bei einem IV-Grad von 40 bis 69 Prozent besteht An­spruch auf eine Teil­rente. Ist der IV-Grad 70 Prozent oder höher wird eine ganze Rente aus­bezahlt, liegt er unter 40 Pro­zent besteht kein An­spruch auf eine IV-Rente. Bei erwerbs­tätigen und teil­erwerbs­tätigen Personen wird der IV-Grad über einen Einkommens­vergleich ermittelt. 

Dabei werden zwei Ein­kommen verglichen: Das Ein­kommen, welches ohne gesund­heitliche Ein­schränkung erreicht worden ist im Ver­gleich zu einem mög­lichen Ein­kommen nach ab­geschlossener Ein­gliederung. Liegt jedoch gar kein effek­tives Ein­kommen vor, kommen sogenannte hypothe­tische Löhne zum Einsatz. Als Grund­lage dafür dient die Lohn­struktur­erhebung (LSE) des Bundes­amtes für Statistik.

10 Prozent Abzug

Die ab 2024 geltende Änderung der IV-Verordnung sieht vor, dass beim Ein­kommens­vergleich von den hypothe­tischen Löhnen pauschal 10 Pro­zent ab­gezogen wird. Dieser Abzug dient dazu, die Verdienst­möglich­keiten von Per­sonen mit gesund­heitlicher Ein­schränkung besser und realistischer abzubilden, da die LSE-Tabellen­löhne des Bundes auf erziel­baren Einkommen ohne gesund­heitliche Ein­schränkungen basieren. Diese Neuerung führt in vielen Fällen dazu, dass sich der er­rechnete IV-Grad erhöhen wird. Dies wiederum bedeutet ins­besondere für Teil­rentnerinnen und Teil­rentner, dass sich ihre IV-Rente betrags­mässig erhöhen wird.

Laufende Renten revidieren

Die IV-Stelle hat den Auftrag, laufende Teil­renten auf der Basis der an­gepassten Ver­ordnung zu überprüfen. Aufgrund des aktuellen Renten­bestandes fallen rund 15 Pro­zent aller Renten unter diese Verordnungs­anpassung und sind inner­halb der kom­menden drei Jahre zu revi­dieren. Unabhängig davon, ob eine solche Revi­sion erst gegen Ende dieser drei­jährigen Frist durch­geführt wird, besteht ein all­fälliger An­spruch auf eine höhere Rente rück­wirkend auf den 1. Januar 2024. Nicht betroffen von dieser Neue­rung sind Personen, die eine ganze Rente be­ziehen, oder solche, die am 1. Januar 2022 das 55. Alters­jahr erreicht und be­reits eine IV-Rente hatten.

Für alle zurzeit offenen Ge­suche sowie alle zukünftig ein­gehenden Anträge bzw. An­meldungen sind die neuen Bestimmungen des Pauschal­abzuges sinngemäss anzuwenden.